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Evaluation im Web 2.0

Nanett Bier (NB), eine Namensvetterin von mir, studiert an der Universität der Künste in Berlin das Fach "Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation" und stellte mir im Rahmen einer Hausarbeit Fragen zum Thema "Web 2.0 Erfolgsmessung für Public Relations". Hier das Interview:

NB: In einem „Spiegel Online“ Artikel vom 25. Juni 2009 heißt es, dass die „IVW“, Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern, die Web-Währung abschaffen will. Demnach haben Page Impressions&Co als Kennzahlen für Werbetreibende oder PR-Spezialisten im Zeitalter von Web 2.0 ausgedient. Wie sehen Sie diese Tatsache?Frau Dr. Besson:
Page Impressions stellen dar, wie oft eine Internetseite angeklickt wurde. Da diese Größe nicht für jede individuelle Seite zur Verfügung gestellt wird, kann keine Aussage getroffen werden, ob ein bestimmter Inhalt gesehen wurde. Die PI-Werte sind meist exorbitant hoch, haben aber kaum Aussagekraft – daher sind sie absolut verzichtbar. Die „Visits“, die laut Spiegel Online von der IVW in Zukunft als Kernkennzahl genommen werden, stellen zumindest die „Zahl der Besuche“ dar, der zusammenhängenden Seitenaufrufe einer IP-Adresse – nicht zu verwechseln mit der Zahl der Personen, da eine Person, die täglich eine Website besucht, im Monat 30 Visits generiert. Aber zumindest ist die Zahl der Visits eine qualifiziertere Kennzahl, die eher eine Aussagekraft besitzt. Für Werbetreibende ist die Zahl der erreichten Individuen relevant, der „Unique Users“. Diese ist in der Praxis jedoch nur lückenhaft zu ermitteln bzw. sie wird nur von wenigen Websitebetreibern veröffentlicht.
Die Zahl der Kontakte bestimmt den Wert einer Werbeanzeige und damit ihren Preis. Die PR-Treibenden nutzen diese Kennzahlen (sowohl Kontakte als auch Werbepreise), um die Reichweite und den Wert von platzierter PR-Berichterstattung zu beziffern. Dabei ist die schlichte Umrechnung von redaktionellem Inhalt in einen Anzeigenpreis ein absoluter Behelfsweg, der z.B. Umstände wie kritische oder besonders überzeugende Berichterstattung nicht berücksichtigt. Daher ist die monetäre Umrechnung immer mit Vorsicht zu betrachten.

NB: Welche Kennzahlen halten Sie für PR-Treibende als Möglichkeit der Erfolgsmessung im Bereich Web 2.0 als angemessen?
Was halten Sie von „Share of Voice/Share of Buzz“-Intensitätsmaßen?
Frau Dr. Besson:
Die Nutzung der reinen Reichweitedaten wie z.B. Visits oder Unique Users ist für PR ein sehr nützlicher Wert, der auch im Zeitalter von Web 2.0 gut zu ermitteln ist: In Netzwerken sind z.B. Kontaktzahlen meist öffentlich (z.B. Twitter-Follower, Facebook-Fans oder YouTube-Videoaufrufe). Allerdings ist die inhaltliche Tendenz dabei immer zu berücksichtigen, damit kritische Kommentare nicht als Erfolg gewertet werden. Im Web 2.0 gibt es eine Anzahl von Monitoringangeboten, z.B. www.socialmention.com, die eine erste einfache Resonanzanalyse ermöglichen. Diese automatischen Analyseprogramme können allerdings nicht zuverlässig Inhalte bewerten, so dass deren Einstufung in objektiv, negativ und positiv ebenfalls nachgeprüft werden muss.
Einen gesamten „Share of voice“ für das Social Web zu erheben wird schwierig sein: Sofern es sich um ein fest einzugrenzendes Themenfeld handelt, kann mit Hilfe von Social Media Monitoring ein erster Überblick generiert werden. Wissenschaftliche Standards erfüllen solche Schnellanalyse natürlich nicht.

NB: Auf Ihrem Blog kommentieren Sie die Ergebnisse des „PR Trendmonitors 2009“: Erschreckend sind die „ehrlichen 11,2%“ PR-Treibenden, die sich zu keiner PR-Erfolgskontrolle bekennen.
Wie wichtig beurteilen Sie die PR-Erfolgskontrolle speziell auf das Web 2.0?
Frau Dr. Besson:
Meinungen von Stakeholdern waren noch nie so einfach zu erfahren: früher musste man Umfragen dafür starten! Das Web 2.0 ist extrem schnell, offen und nicht steuerbar. Für Unternehmen und Organisationen wird das Beobachten von Web 2.0 sehr wichtig, da dort sehr schnell große Meinungstrends in Bewegung geraten können. Da Social Media wie Twitter enorme Zuwachsraten verzeichnen (von April bis Juli hat sich laut FAZ vom 22.8.09 die Zahl der deutschen Twitternutzer auf 2 Mio. verdoppelt), gibt es dort einen riesigen Marktplatz von Meinungen. Diese stellen eine direkte „Wirkung“ von PR dar und sollte auf jeden Fall beobachtet werden – auch wenn ein Großteil der Statements irrelevant sein mag. Die „Spreu vom Weizen“ zu trennen wird die Herausforderung an die Evaluation von Kommunikation in Zukunft sein.

NB: Was für neue Anforderungen stellt das Web 2.0 an PR-Treibende Ihrer Meinung nach?Frau Dr. Besson:
Unternehmen und Organisationen müssen offen informieren und schnell reagieren. Sie müssen ehrliche Bereitschaft beweisen, auf Anregungen und Kritik ihrer Stakeholder zu reagieren. Wenn es den Anschein erweckt, dass ein Unternehmen das Web 2.0 nur als Marketinginstrument benutzen will und Offenheit heuchelt, dann kann das Web 2.0 schnell ein negatives Image erzeugen.

NB: Herzlichen Dank für das Gespräch Frau Dr. Besson

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