Es drehte sich alles um Hegemonie und Propaganda, in mehr oder weniger bewusster und professioneller Form. Das solidarische Streben nach dem Erhalt der Welt für die nachkommenden Generationen kam zu Wort. Die Nachhaltigkeit musste sich jedoch im Kontext "des Politischen der Kommunikation und des Kommunikativen in der Politik" auf der DGPuK Fachgruppentagung PR/OK eher geschlagen geben - in Anbetracht des dominanten Strebens nach Macht und einem nackten Kapitalismus.
Nein, ich meine nicht, dass das die Thesen der Fachgruppe sind - es waren die Themen der Konferenz, die unbestreitbar unseren politischen Alltag im Großen und Ganzen dominieren: Trump, Musk, Zuckerberg, Putin, die AFD - und dagegen Kommunikationsmanager, die nicht wissen, warum sie innenpolitisch aktiv sein sollten.
Es war hochinteressant, eine wertfreie Erklärung für Musks dominantes Verhalten im Umgang mit Twitter zu hören, die auf der Ideologie der Frau Ayn Rand basiert. Auch wenn es fast schmerzhaft ist, sich mit Despoten und Despotinnen zu befassen, so haben auch sie eine Logik, die verstanden werden sollte, damit sie gesehen wird. Die kritische Auseinandersetzung mit Big Tech Unternehmen und den Möglichkeiten und Grenzen ihrer Regulierung regte zum Nachdenken an. Es wirkte bedrohlich, diese rein kapitalistisch agierenden Akteure zu betrachten, die nur nach dem Recht des Stärkeren streben und keine Solidarität für Schwächere haben.
Die Rolle der Kommunikation in diesem hartherzigen Umfeld wird durch Framing, Lobbying und bewusste Rhetorik geprägt. Sie findet integriert statt, auf allen Ebenen der Ideen-, Mikro- und Realpolitik. "If you don't sit at the table, you will be on the menu", so die bittere Erkenntnis der interviewten Kommunikationsmanager. Dabei darf der "glückliche Zufall" (Serenpidity) beim Einsatz rhetorischer Mittel genutzt werden - es gebe nämlich keine Gesetzmäßigkeiten in politischer Lobbyarbeit. Kommunikation findet spontan und kreativ statt - nichts von wegen strategisches Kommunikationsmanagement. Erstaunlich, dass sich diese Forderungen seit über 20 Jahren nicht in die Realität der Praxis übertragen haben.
Ethik und Moral spielen kaum eine Rolle in der politischen Kommunikation, z. B. in der Reaktion von durch russische Firmen gesponserte Sportorganisationen. Entscheidungen werden nach wirtschaftlichen, politischen und sportlichen Kriterien gefällt. Influencer kommen im politischen Kontext zum Einsatz und werden genau auf ihre Positionen und ihren Background gescheckt. Auch Mitarbeitende werden als relevante Stakeholder zur Kongruenz von Unternehmenshandeln und -kommunikation befragt: das "Walking und Talking" soll übereinstimmen, sonst droht der Greenwashing-Vorwurf. Diesen nachzuweisen ist jedoch oft schwer, da wirkliches Engagement von Unternehmen nicht immer objektiv zu messen ist. Dafür ist eher investigativer Journalismus notwendig, als das Lesen des unternehmenseigenen Nachhaltigkeitsberichtes.
Nachhaltigkeit findet im politischen Kontext statt - jedoch eher unspektakulär. Soziales und Solidarität kamen im Rahmen des Forschungen zur politischen Kommunikation nicht zur Sprache.
Ist politische Kommunikation also geprägt von Herrschaft und Propaganda?
Ein bitterer Nachgeschmack der Konferenz, die doch so sozial kommunikativ war und geprägt vom lebhaften, offenen Austausch zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. 65% der Teilnehmenden waren weiblich. Keine Überraschung bei Studiengängen , die teils 80% und mehr weiblich dominiert sind. Die Altersstruktur der Teilnehmenden sah zukunftsorientiert aus, ca. 30% waren unter 30 Jahren, viele darunter promovierend. Der Fachbereich PR und Öffentlichkeitsarbeit wächst und gedeiht. Umso toller, auf dem Get Together vorab das "Urgestein" bzw. den Urvater der PR in Deutschland, Prof. emeritus Günter Bentele getroffen zu haben. Es ist bemerkenswert, wie die Profession PR sich in den letzten zwanzig Jahren wissenschaftlich profiliert hat, nicht zuletzt dank ihm.
KI war kein explizites Thema auf der Konferenz - sie wird zu Forschungszwecken genutzt, scheint jedoch selbst noch nicht im politischen, kommunikativen Kontext untersucht zu werden. Die geschlossenen API-Schnittstellen der sozialen Netzwerke gestalten repräsentative Stichproben schwer - angebotene Analytics-Daten sind letztlich immer intransparent und nur bedingt zu nutzen.
Klassische Theorien und Modelle bieten dann oft interessantere Denkanstöße und taugen zeitlos für analytische Betrachtungen - so dass auch ein Edward Bernays mit seinem Propagandaansatz weiterlebt und uns immer noch erklärt, warum Influencer einen Einfluss haben, warum Kommunikation integriert sein sollte und warum Rhetorik zielführend und effektiv eingesetzt werden kann.